13. August 2012
Feststellung des Ortes, an dem sonstige Leistungen als ausgeführt gelten
Zur korrekten umsatzsteuerlichen Behandlung muss bei grenzüberschreitenden sonstigen Leistungen der Ort festgestellt werden, an dem die jeweilige Leistung als ausgeführt gilt.
Wir geben einen kurzen Überblick.
Sonstige Leistungen, grenzüberschreitend ausgeführt
Unter "sonstigen Leistungen" werden Dienstleistungen bzw. Werkleistungen verstanden, laut Gesetzestext "Leistungen, die keine Lieferungen sind". Wird eine solche Leistung grenzüberschreitend ausgeführt, dann muss zur korrekten umsatzsteuerlichen Behandlung der Ort festgestellt werden, an dem die Leistung als ausgeführt gilt.
Rein inländische Leistungen sind hiervon nicht betroffen.
Die Notwendigkeit der Bestimmung des Ortes, an dem eine Leistung als ausgeführt gilt, besteht also nur dann, wenn du Leistungen für ausländische Geschäfts- oder Privatkunden erbringst oder Leistungen von ausländischen Unternehmern beziehst.
Wenn sich dein ausländischer Geschäftspartner innerhalb eines Landes der EU befindet, dann gelten hier die Regeln innergemeinschaftlicher Geschäfte (Leistungen) – befindet sich dein Geschäftspartner in einem Drittland (alles außerhalb der EU), dann gelten die Regeln für Leistungen in bzw. aus Drittländern.
Die umsatzsteuerliche Behandlung von grenzüberschreitenden Leistungen hängt von zwei sehr wesentlichen Faktoren ab:
- Ist der Leistungsempfänger eine Privatperson oder ein Unternehmer?
- An welchem Ort gilt die Leistung als ausgeführt?
Bedeutung des Leistungsortes für die Umsatzsteuer
Der Ort gibt den Ausschlag, nach welchen Vorschriften die Leistung zu versteuern ist.
Für grenzüberschreitende Leistungen bedeutet das:
- Liegt der Ort der Leistung im Inland, gilt das inländische Umsatzsteuergesetz. Es werden normale Rechnungen gestellt (mit Umsatzsteuer, so man Umsatzsteuer verrechnet – die man dann natürlich auch selbst melden und abführen muss).
- Liegt der Ort der Leistung im Ausland, sind die für das jeweilige Land geltenden Vorschriften anzuwenden.Sind die beteiligten Geschäftspartner Unternehmer, dann stellen/erhalten sie umsatzsteuerfreie Rechnungen und es kommt zu einem Übergang der Steuerschuld (Reverse-Charge). Der Empfänger der umsatzsteuerfreien Rechnung muss die jeweils gültige Umsatzsteuer seines Landes selbst aufschlagen und kann sie, so er vorsteuerabzugsberechtigt ist, in seiner Umsatzsteuervoranmeldung wieder abziehen.
Grundsatz: Ort der sonstigen Leistung
Abhängig davon, ob der Leistungsempfänger eine Privatperson oder ein Unternehmer ist, gibt es einen einfachen Grundsatz, an welchem Ort eine sonstige Leistung als ausgeführt gilt:
- Empfänger ist Unternehmer (B2B)
Die Leistung gilt am Unternehmensstandort (bzw. der Betriebsstätte) des Empfängers als ausgeführt. - Empfänger ist Privatperson (B2C)
Die Leistung gilt am Unternehmensstandort (bzw. der Betriebsstätte) des leistenden Unternehmers als ausgeführt.
ABER ACHTUNG: Es gibt eine Reihe von Ausnahmen von diesem Grundsatz!
Wir geben weiter unten einen kurzen Überblick darüber, schicken jedoch voraus, dass du bei etwaigen Unklarheiten unbedingt einen Buchhalter oder Steuerberater kontaktieren solltest, da der Leistungsort in manchen Fällen nur schwierig festzustellen ist. Eine komplette Aufstellung aller Ausnahmen und spezifischer Fälle ist hier unmöglich.
Ausnahmen vom Grundsatz des Leistungsortes
- Grundstücksleistungen: Leistungen im Zusammenhang mit Grundstücken (z.B. Errichtung, Instandhaltung, Beseitigung, Verwertung, Vermittlung etc.) gelten dort als ausgeführt, wo das Grundstück liegt. Hiervon gibt es wiederum Ausnahmen, z.B. Schweiz, Finnland ...
- Tätigkeitsortleistungen: Kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistungen, sowie Leistungen im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen gelten an dem Ort als ausgeführt, wo die Leistung hauptsächlich erbracht wurde. Hiervon gibt es wiederum Ausnahmen, z.B. im Zusammenhang mit Eintrittsberechtigungen und in der Schweiz, Schweden ...
- Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen
- Beförderungsleistungen
- Vermietung von Beförderungsmitteln
- Elektronisch erbrachte Dienstleistungen an Nichtsteuerpflichtige
- Dienstleistungen an Private außerhalb der EU
Katalogleistungen (Auszug)
Katalogleistungen gelten im Wesentlichen dort als ausgeführt, wo der Empfänger der Leistung seinen Sitz hat – auch wenn der Empfänger eine Privatperson ist (aber auch hier gibt es fallweise Ausnahmen). Zu Katalogleistungen zählen unter anderem:
- die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus urheberrechtlichen Vorschriften ergeben,
- die Leistungen, die der Werbung oder der Öffentlichkeitsarbeit dienen,
- die Leistungen von Freiberuflern (z.B. Rechtsanwälten), Sachverständigen, Ingenieuren, Aufsichtsratsmitgliedern, Dolmetschern und Übersetzern sowie ähnliche Leistungen anderer Unternehmer,
- die rechtliche, technische und wirtschaftliche Beratung,
- die Datenverarbeitung,
- die Überlassung von Informationen einschließlich gewerblicher Verfahren und Erfahrungen,
- die Personalgestellung,
- die Vermietung beweglicher, körperlicher Gegenstände, ausgenommen Beförderungsmittel,
- die Telekommunikationsdienste,
- die Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen,
- die auf elektronischen Weg erbrachten sonstigen Leistungen (z.B. auch Software-Downloads).
Um noch einmal darauf hinzuweisen: Dieser Blogeintrag vermittelt lediglich einen Überblick über die Thematik der Bestimmung des Ortes von grenzüberschreitenden Leistungen und der damit verbundenen umsatzsteuerlichen Behandlung. Die Bestimmung des Leistungortes kann sich fallweise sehr kompliziert gestalten – bei etwaigen Unklarheiten solltest du unbedingt einen Buchhalter oder Steuerberater kontaktieren.
Weitere Informationen
Abgesehen davon, dass man immer einen Buchhalter oder Steuerberater kontaktieren kann, haben wir gute Erfahrungen damit gemacht, auch die zuständigen Steuerbehörden bzw. Wirtschafts- oder Handelskammern zu kontaktieren. Man erhält dort für spezifische Fälle detaillierte Informationen.
- Handelskammer Hamburg: Die Umsatzsteuer bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen
- IHK Deutschland: Die korrekte Rechnungsstellung für Dienstleistungen an ausländische Unternehmenskunden
- Umsatzsteuergesetz Deutschland: §3a UStG – Ort der sonstigen Leistung
- Umsatzsteuergesetz Österreich: §3a UStG – Sonstige Leistung
- Wirtschaftskammer Österreich: Geschäftsbeziehungen mit Auslandsbezug – EU und Geschäftsbeziehungen mit Auslandsbezug – Drittländer
Hinweis & Feedback
Wie bei allen buchhalterischen und steuerrechtlichen Beiträgen gilt auch hier, dass wir keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben übernehmen, jegliche Haftung ist hier ausgeschlossen. Im Zweifelsfall kontaktiere bitte einen Buchhalter bzw. Steuerberater.
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